Deutsche Sprichwörter – kleine Zeitkapseln mit Lebensweisheiten
„Aller Anfang ist schwer.“ Wenn Sie in Deutschland leben, haben sie diesen oder ähnliche Sätze sicher schon einmal gehört. Sie heißen Sprichwörter. Und wie in den meisten Sprachen gibt es auch im Deutschen unzählige davon.
Es gibt sowohl einfache Sprichwörter, die auch beim Deutsch lernen schnell zu verstehen sind, wie: „Ende gut, alles gut“. Ebenso gibt es aber welche, deren Sinn schwieriger zu entschlüsseln ist, da sie einen bildhaften Charakter haben, wie: „Der Fisch stinkt vom Kopf her.“
Sprichwörter: knapp, einprägsam, bedeutungsvoll
Sprichwörter, auch Proverben genannt, gibt es in jeder Sprache und Kultur. Meist handelt es sich um einen einzigen Satz, der eine Lebensweisheit oder einen Ratschlag enthält. Knapp und einprägsam formuliert. Aus solchen Sätzen purzeln die Erfahrungen von Menschen aus allerlei Jahrhunderten hervor – manchmal humorvoll oder lustig, manchmal rätselhaft und tiefgründig, manchmal auch etwas platt. Die alten deutschen Sprichwörter stammen oft aus dem Alltag im Mittelalter. Deswegen beziehen sich viele auf Landwirtschaft und Handel, und manchmal klingen sie auch etwas altertümlich. Wie kleine Zeitkapseln haben ihre Weisheiten dennoch überdauert. Sind Sie bereit, sie zu entdecken?
Wie entstehen Sprichwörter?
In der Regel lernt man Sprichwörter schon als Kind. Wir schnappen sie im Umgang mit unseren Eltern und Großeltern auf und integrieren sie in den eigenen Wortschatz. Meist haben Sprichwörter keinen Autor. Viele haben aber ihren Ursprung in alten Geschichten, Legenden und Sagen oder auch in der Bibel. Sie sind somit ein Teil des kulturellen Erbes. Im Laufe der Zeit gingen sie in den alltäglichen Sprachgebrauch über. Und hier und da kommen in der nächsten Generation neue hinzu.
Warum brauchen wir Sprichwörter?
Ob weise oder witzig: Sprichwörter sind praktisch. Sie erklären schwierige Situationen in einfachen Worten, geben Trost, ermutigen oder warnen vor Fehlern. Wir haben in alphabetischer Reihenfolge eine Liste typischer, meist eher alter und manchmal auch lustiger deutscher Sprichwörter zusammengestellt, deren Bedeutung wir jeweils kurz erklären. Mal sehen, ob Sie bereits welche davon kennen.
Sprichwörter versus Redewendungen
Sprichwort und Redewendung sind nicht dasselbe. Die beiden Begriffe werden aber oft verwechselt. Sprichwörter sind feststehende, vollständige Sätze, die nicht verändert werden können. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Redewendungen um Fragmente, die flexibel in verschiedene Sätze eingebaut werden können: kurze, feste Verbindungen aus mehreren Wörtern. Meist sind sie auch etwas moderner als Sprichwörter. Wörtlich übersetzen lassen sich allerdings beide in der Regel nur schwer.
Beispiele für deutsche Redewendungen: „Tomaten auf den Augen haben“, „den Faden verlieren“, „nur Bahnhof verstehen“
Beispiel für ein deutsches Sprichwort: „Kommt Zeit, kommt Rat.“
In unserem entsprechenden Blogartikel finden Sie eine Übersicht alltäglicher deutscher Redewendungen mit Ursprung und Bedeutung.
Alte, neuere, typische oder lustige deutsche Sprichwörter:
Aller Anfang ist schwer.
Das bedeutet: Der Beginn einer neuen Aufgabe kann schwierig sein und Herausforderungen mit sich bringen. Mit Zeit und Mühe wird es jedoch leichter. Dieses Sprichwort tauchte erstmals im 16. Jahrhundert in der deutschen Sprache auf und wird manchmal dem römischen Philosophen Seneca zugeschrieben.
Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.
Das bedeutet: Auch jemand, der oft Fehler macht oder nicht gar so schlau ist, kann mal Glück und Erfolg haben. Oft wird das Sprichwort abwertend verwendet. Dann wird einer Person mit dem Vergleich mit dem blinden Huhn unterstellt, dass ihr Erfolg nicht auf Können zurückzuführen ist, sondern nur ein Glückstreffer war.
Auf Regen folgt Sonnenschein.
Das bedeutet: Nach schwierigen oder schlechten Zeiten werden wieder bessere Tage kommen. Dieser Satz wird als Aufmunterung benutzt, wenn es jemandem nicht so gut geht.
Ausnahmen bestätigen die Regel.
Das bedeutet: Nur weil es hin und wieder eine Ausnahme gibt, muss eine Regel nicht falsch sein. Im Gegenteil: Wenn man von Ausnahmen sprechen kann, zeigt das, dass größtenteils die Regel gilt.
Da lachen ja die Hühner.
Das bedeutet: Etwas wirkt unsinnig oder lächerlich.
Da wird der Hund in der Pfanne verrückt.
Das bedeutet, dass jemand extrem überrascht oder erstaunt über etwas ist. Dieses Sprichwort geht auf eine alte Geschichte über das Leben und die Streiche von Till Eulenspiegel zurück.
Das macht den Kohl auch nicht fett.
Das bedeutet: Eine kleine Änderung bringt keinen großen Unterschied. Mit diesem Sprichwort drückt man aus, dass es auf Kleinigkeiten jetzt auch nicht mehr ankommt. Der Hintergrund: Früher konnten sich arme Leute meistens nur Kohl leisten. Speck gab es meist nicht. Und ein bisschen Salz half auch nicht, den Kohl „fett“ zu machen.
Das passt wie die Faust aufs Auge.
Das kann je nach Kontext zweierlei bedeuten: etwas passt ganz und gar nicht zusammen oder, ironisch gemeint, etwas passt perfekt zusammen. Dieses Sprichwort ist seit dem 15. Jahrhundert bekannt und bezog sich ursprünglich auf Dichtung und Reime.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Das bedeutet: Kinder ähneln oft ihren Eltern. Dabei kann es um ähnliche Eigenarten, ähnliches Verhalten oder ähnliche Interessen gehen.
Der Fisch stinkt vom Kopf her.
Das bedeutet: Probleme beginnen oft an der Spitze, z. B. eines Unternehmens: Wenn auf der Führungsebene etwas nicht gut läuft, spiegelt sich das überall im Unternehmen wider. Zum Hintergrund: Im Kopf des Fischs befindet sich das leicht verderbliche Gerhin. Also verdirbt der Kopf zuerst und entwickelt den unangenehmen Geruch.
Der frühe Vogel fängt den Wurm.
Das bedeutet: Wer früh anfängt, hat bessere Chancen auf Erfolg. Der Ausdruck stammt aus dem Englischen „The early bird catches the worm“.
Die Katze lässt das Mausen nicht.
Das bedeutet: Alte (schlechte) Gewohnheiten sind oft tief verankert und lassen sich nicht einfach wieder ablegen.
Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
Das bedeutet: Man sollte sich über Geschenke freuen und ihren Wert nicht hinterfragen. Es geht also um Dankbarkeit.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
Das bedeutet: Ein einzelnes positives Zeichen ist nicht überzubewerten. Es ist also ein Ratschlag, geduldig zu sein.
Ende gut, alles gut.
Das bedeutet: Wenn etwas gut ausgeht, sind eventuelle negative Dinge, die sich auf dem Weg dahin ereignet haben, nicht mehr so wichtig.
Kleinvieh macht auch Mist.
Das bedeutet: Viele kleine Teile oder Beiträge summieren sich zu etwas Großem, also: Auch vermeintlich kleine Dinge können eine große Wirkung haben.
Kommt Zeit, kommt Rat.
Das bedeutet: Mit der Zeit findet sich oft eine Lösung. Mit diesem Sprichwort rät man jemandem, geduldig zu sein.
Morgen ist auch noch ein Tag.
Das bedeutet: Bloß kein Stress! Dieses Sprichwort wird verwendet, wenn man eine Aufgabe für heute beenden und guten Gewissens auf den nächsten Tag verschieben möchte.
Morgenstund hat Gold im Mund.
Das alte Sprichwort bedeutet: Frühes Aufstehen und frühes Beginnen der Arbeit lohnt sich.
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.
Das bedeutet: Fortschritt wird oft nur langsam und durch stetige, mühsame Arbeit erreicht. Es geht also um Geduld und Ausdauer.
Wussten Sie, dass das gesamte Sprichwort weniger Buchstaben hat als das längste deutsche Wort? Das hat nämlich über 80 ...
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Das bedeutet: Manchmal ist es besser, gar nichts zu sagen.
Schlafende Hunde soll man nicht wecken.
Das bedeutet: Potenzielle Probleme oder unangenehme Themen, die momentan nicht akut sind, sollte man lieber nicht ansprechen – das bereitet nur Ärger. Dieses Sprichwort geht zurück auf das englische „Let sleeping dogs lie“.
Stille Wasser sind tief.
Das bedeutet: Ruhige Menschen haben oft überraschende Eigenschaften und verborgene Stärken.
Übung macht den Meister.
Das bedeutet: Nur durch Wiederholung du Training wird man besser. Dieses Sprichwort hat seinen Ursprung im Handwerk im Mittelalter: Zuerst war man Lehrling, dann Geselle. Nur die Besten brachten es später zum Meister.
Unkraut vergeht nicht.
Das bedeutet: Mach dir keine Sorgen, manche Menschen lassen sich von niemandem kleinkriegen. Meist wird es scherzhaft und auf sich selbst bezogen benutzt, als Antwort auf eine Frage nach dem eigenen Befinden.
Viele Köche verderben den Brei.
Das bedeutet: Wenn viele Leute gleichzeitig an einer Sache arbeiten, führt das nicht unbedingt zu einem besseren Ergebnis. Zu viele Meinungen schaden.
Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
Das bedeutet: Erledige Aufgaben lieber sofort.
Was lange währt, wird endlich gut.
Das bedeutet: Geduld und Ausdauer lohnen sich und führen zu guten Ergebnissen.
Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt, wie es ist.
Dieses scherzhaft gebrauchte Sprichwort bedeutet: Wettervorhersagen sind in der Regel nicht zuverlässig.
Gefällt Ihnen dieses Sprichwort? Dann empfehlen wir Ihnen auch unsere deutsche Zungenbrecher Challenge, mit der Sie gleichzeitig Ihre Aussprache trainieren können.
Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
Das bedeutet: Man soll anderen nichts Böses tun, weil man sich damit oft selbst schadet. Es ist meist eine Aufforderung, auf Hinterlist zu verzichten und besser offen und ehrlich mit anderen umzugehen. Manchmal wird das Sprichwort aber auch im Nachhinein mit Schadenfreude gebraucht. Es stammt ursprünglich aus der Bibel, Altes Testament (Koh 10,8).
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.
Das bedeutet: Statt andere zu kritisieren und auf ihre Fehler hinzuweisen, sollte man sich erst einmal um seine eigenen kümmern. Es stammt aus dem 19. Jahrhundert und wird meist verwendet, um vor Doppelmoral und Heuchelei zu warnen.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Das bedeutet: Wer zuerst bei etwas vor Ort ist, bekommt auch zuerst etwas. Der Rest muss warten oder geht vielleicht sogar leer aus. Das Sprichwort stammt aus dem Mittelalter. Wer als erstes an der Getreidemühle ankam, musste dort nicht warten.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
Das bedeutet, dass man nicht zu voreilig sein soll. Dieses Sprichwort wendet sich meist gegen Personen, die schon einen Sieg feiern, obwohl das Ergebnis noch gar nicht sicher ist.
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
Das bedeutet: Man wird oft so behandelt, wie man selbst andere behandelt.
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.
Das bedeutet: Streit führt zu keiner Lösung, denn während die Streitenden mit ihrem Konflikt beschäftigt sind, ziehen andere einen Nutzen aus der Situation.
Wo gehobelt wird, da fallen Späne.
Das bedeutet wortwörtlich: Wo (handwerklich) gearbeitet wird, entstehen Schmutz und Unordnung. Meist wird dieses Sprichwort aber im übertragenen Sinn gebraucht (entweder als Rechtfertigung oder Entschuldigung - oder aber als Trost oder Warnung): Entscheidungen und Handlungen bringen auch Nachteile mit sich. Wenn man etwas erreichen will, kann es zu unangenehmen Begleiterscheinungen kommen.
Fazit
Das eine oder andere Sprichwort haben Sie bestimmt schon einmal in einem Gespräch gehört? Vermutlich wird Ihnen in Zukunft nun öfter auffallen, in welchen Situationen und Kontexten die Menschen in Ihrem Umfeld solche Sätze gebrauchen. Und nach und nach werden Sie den Sinn besser verstehen. Und wenn nicht? Macht nichts: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“
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